Ich habe kein Foto gemacht vom gestrigen Gewitterregen,
wie auch, bei strömendem Regen.
Ich war verabredet mit meiner Gartennachbarin,
sie hatte schon am Vormittag begonnen Gemüse und Blumenstauden einzupflanzen,
wollte bis am Nachmittag bleiben, wenn ich wiederkehre.
Ich wollte Kaffee mit ihr trinken, ein paar Kekse teilen und mich austauschen.
Nachmittags schwere Gewitterwarnung, dann wieder keine,
hin- und herüberlegt, ob ich losfahren sollte mit meinem Fahrrad oder nicht,
aber ja, ich fahre einfach los,
doch schon bei der zweiten Abbiegung beginnt es zu tröpfeln,
es verdunkelt sich, in weiter Ferne erblicke ich blauen Himmel,
der mich hoffen lässt, das Gewitter werde sich verziehen
oder nur von kurzer Dauer sein.
Es verzieht sich nicht, riesige Regentropfen, dann Hagelkörner,
der Regen wird immer stärker, ich bin patschnass,
das darf doch wohl nicht wahr sein,
nein, ich habe Kaffee und Kekse mitgebracht,
ich bin im Widerstand,
in dem Wissen, dass Widerstand keinen Sinn macht.
Ich rutsche mit dem Fahrrad über Hölzer,
die ich unter den langen, vom Regen niedergedrückten Gräsern nicht sehen kann,
ich falle zur Seite, in den dünnen Maschendrahtzaun,
der mich nicht wirklich halten kann,
ein Schreck durchfährt mich wie ein Blitz,
bin ich verletzt?
Nur leicht, an der Hand und am Unterarm.
Ich rufe meiner Gartennachbarin zu, sie ist noch da,
versucht alles in Windeseile zu verstauen,
ihr Hündchen sitzt entspannt unter dem Regenschirm...
wir versuchen uns unter einer Hecke unterzustellen,
um ein paar Worte zu wechseln, nur wichtige,
es nützt nichts,
der Regen prasselt auf uns nieder als gäbe es keine Hecke.
Wir verabschieden uns.
Ich helfe ihr beim Versperren der Gartentür,
damit sie ihr Hündchen im Arm tragen kann
mit dem Regenschirm und ihrem Rucksack.
Ich schultere meinen Rucksack,
schiebe nun mein Fahrrad,
aus Angst nochmal auszurutschen.
Auf dem Feldweg fahre ich ein bisschen,
setze mich auf den Sattel, der so nass wie meine Hose ist und meine Bluse,
meine Haar trieft, alles trieft.
Ich steige wieder ab vom Rad,
der kleine Feldweg hat sich in Sekundenschnelle in einen Sturzbach verwandelt,
ich schiebe mein Fahrrad hindurch,
ich versinke in Gedanken,
Gedanken an Erlebnisse mit meinem Vater in den Bergen,
als wir bei strömendem Regen durch ebensolche Sturzbäche absteigen mussten,
das Wasser floss in unsere Bergschuhe,
wir waren nass, durch und durch,
da gab es keine Sekunde Zeit zum Jammern,
Konzentration auf jeden Schritt,
die stille Sorge um den jeweils anderen.
Jetzt bin ich alleine,
mit meinen Gedanken und mit meinem Fahrrad,
im strömenden Regen.
Am Jakobsweg hat es auch geregnet,
manchmal den ganzen Tag,
da gab es auch nur still weitergehen.
Ich beobachte die Wege,
die das Wasser sich bahnt,
ein Auto kommt entgegen,
ich weiche aus ins Gras,
auch hier alles unter Wasser,
ich schiebe und gehe weiter,
ich wehre mich nicht mehr dagegen,
alles ist gut.
Das Gefühl der Kälte weicht einer angenehm-euphorischen Empfindung.
Ich spüre das Regenwasser auf meiner Haut,
jeder Zentimeter von mir ist von Regentropfen liebkost,
wie wundervoll,
ich bin eingebettet in Mutter Natur,
ins Element Wasser,
wenn auch auf ungewohnte Weise.
Ich fühle mich plötzlich wohl,
zuhause, zufrieden,
gebe mich dem Regen hin,
ich bin einverstanden damit,
und letztlich dankbar für dieses schöne Erlebnis.
Regen sind verflüssigte Sonnenstrahlen,
habe ich mal irgendwo gelesen.
Elisabeth Scheran 2023
Kommentar schreiben
Margit (Freitag, 15 September 2023 22:35)
"Stell dich mitten in den Regen, ...
...und versuche gut zu sein."
In tiefer Dankbarkeit für deine Liebe an deinem Sein in all diesen Wirrnissen, weil du bist, weil du mich teilhaben lässt und deine Liebe wohl reicht - hier und jetzt und alle Zeit für die Zeitreisenden, die Herzgläubigen, Elfen und Zauberlehrlinge, so auch für all die Fragenden, Ungläubigen, Gebeutelten, Suchenden...
In Liebe jetzt und zuvor und gleich und bald ❤